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Das Kelnhof-Museum stellt vor: Der heilige Sebastian – Schutzhelfer gegen Seuchen

Zu den ältesten Beständen des Kelnhof-Museums gehört die reliefartige Darstellung eines spätgotischen heiligen Sebastian, geschnitzt, gefasst und 112 Zentimeter hoch. Es ist nicht vermerkt, woher dieses Kunstwerk ursprünglich stammt, noch wie und weshalb es nach Bräunlingen gekommen ist. Es gehört es zu den bedeutendsten Kostbarkeiten unseres Museums. 

Ein Meister am Werk

Der Künstler, der um 1500 diesen heiligen Sebastian geschaffen hat, war zweifelsohne ein Meister seines Fachs und ist möglicherweise im Umkreis der „Ulmer Schule“ zu verorten. Die flache und dennoch überaus plastisch wirkende Figur war, soviel ist sicher, keine isolierte Darstellung, sondern stammt aus einem größeren Zusammenhang. Sie war Teil eines Flügelaltares, dessen Flügel nicht wie beim Altar in St. Remigius gemalte Tafelbilder waren, sondern  halbplastische, reliefartige Darstellungen. Mittelpunkt solcher Altäre waren dann, wie in der Remigiuskirche, vollplastische Figuren.

Sebastian, einer der populärsten Heiligen

Nach dem Vorbild der italienischen Renaissance wurde Sebastian in der Spätgotik als beinahe nackter, schöner Jüngling dargestellt, von Pfeilen durchbohrt und an einen Baum gefesselt. In Anlehnung an spätgotische Schmerzensmann- und Ecce-Homo-Darstellungen verweist Sebastian so auf Christus und sein Marterbaum auf das Kreuz.

Der aus Mailand stammende römische Offizier Sebastian erlitt 288 unter Kaiser Diocletian aufgrund seines Bekenntnisses zum christlichen Glauben den Märtyrertod. Zuerst ließ der Kaiser Bogenschützen auf ihn schießen, bis man annahm, er sei tot. Sebastian wurde jedoch zunächst gesund gepflegt, später aber auf kaiserlichen Befehl doch noch ermordet.

Sebastian war Jahrhunderte lang einer der populärsten Heiligen und gehört zu den 14 Nothelfern. Verehrt und angerufen wurde er vor allem als Schutzheiliger gegen die Pest und andere Seuchen, denn man stellte sich vor, dass Gott der sündigen Menschheit die Seuche in Form von Pfeilen schicke. Sebastian, selbst durch Pfeile gemartert, galt in solchen Angelegenheiten als Fürsprecher der Menschen vor Gott, damit dieser sich ihrer erbarme.

Die Übertragung der Pest von Flöhen auf Ratten und – nach dem Tod der Ratten –  von Flöhen auf Menschen, oder z.B. der Zusammenhang vom Verzehr von mit Mutterkorn befallenem Getreide und dem Antoniusfeuer (Ergotismus) waren die längste Zeit unbekannt und unerklärlich. Diese und andere Seuchen konnten das Leben der Menschen jederzeit bedrohen. Zu leben und womöglich alt zu werden, war keine Selbstverständlichkeit; mit dem Tod musste jeder jederzeit rechnen.

Und heute?

Die enormen Fortschritte der modernen Schulmedizin wähnten uns seit einigen Jahrzehnten immer mehr in Sicherheit, die neuesten Entwicklungen lassen uns mit Erschrecken feststellen, dass wir doch nicht alle Fäden in der Hand haben und wir erkennen müssen, dass die gewohnte vollständige und sofortige Erfüllung aller unserer Ansprüche nicht länger im Mittelpunkt unserer Bestrebungen stehen kann.

Susanne Huber-Wintermantel

Der heilige Sebastian – Schutzhelfer gegen Seuchen

Artikel wurde am 19. März 2020 veröffentlicht.