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Aus dem Stadtarchiv: Im April vor 75 Jahren – Besetzung der Stadt durch französische Truppen

Grundbuchratschreiber Hermann Hofacker hatte am Sonntag, 22. April 1945, als Zeichen, dass die Stadt keinen Widerstand leistet, auf dem Turm der Stadtkirche eine weiße Fahne gehisst. Offensichtlich hat Hofacker das Heft des Handelns in die Hand genommen, nachdem die „Ortsgewaltigen“ der NSDAP untergetaucht sind.

Gleichzeitig hat Hofacker am 22. April die folgende Bekanntmachung zur Unterrichtung der Einwohnerschaft erlassen:

„Der Einwohnerschaft zur Kenntnis, dass die hiesige Stadtgemeinde besetzt ist.

Die Bevölkerung hat sich ruhig zu verhalten. Die Bevölkerung hat nichts zu befürchten.

Sofort sind abzuliefern:

  • Waffen auf dem Rathaus
  • Radioapparate in der Turnhalle
  • Sämtliche Wehrmachtsurlauber u. Wehrmachtsangehörigen haben sich sogleich auf dem Rathaus einzufinden.

Die Besatzung hat erklärt, dass sie Haussuchungen machen wird und wo Waffen und Radioapparate vorgefunden werden wird das Haus in Brand geschossen.“

 

Am 27. April 1945 erließ Grundbuchratschreiber Hofacker drei weitere Bekanntmachungen mit folgendem Inhalt:

„Der Einwohnerschaft zur Kenntnis, dass eine weitere Beschießung des Städtchens vermieden werden kann, wenn folgende Punkte genau beachtet werden:

  • Es darf sich kein einziger Bewaffneter deutscher Soldat im Städtchen aufhalten.
  • Menschenansammlungen auf den Straßen dürfen auf keinen Fall stattfinden und es hat jede größere Bewegung zu unterbleiben.
  • Das Abschleppen von stehengebliebenen Fahrzeugen hat in allen Fällen zu unterbleiben.
  • Unbewaffnete deutsche Soldaten haben sich auf dem Rathaus zur Weiterbeförderung zu melden.

Sämtliche Waffen (Gewehre, Pistolen, überhaupt alle Waffen) sind sofort auf dem Rathaus abzuliefern.

Ich mache darauf aufmerksam, dass sämtliche Häuser von Marokkanern durchsucht werden.

Auf Befehl der Besatzungsbehörde wird bekannt gegeben:

  • Der Aufenthalt auf der Straße ist der deutschen Zivilbevölkerung von abends 8 Uhr bis morgens 8 Uhr streng verboten. Wer in dieser Zeit auf der Straße angetroffen wird, hat mit sofortiger Verhaftung und Vorführung zur Untersuchung zu rechnen.
  • Die Benutzung von Fahr- und Motorrädern ist der deutschen Zivilbevölkerung untersagt.
  • Alle sich auf die Straße begebenen deutschen Zivilpersonen müssen mit einem Ausweis (Kennkarte, Personalausweis, Pass) möglichst mit Lichtbild versehen sein.

Abbildung: „Bekanntmachung betreffend den Verkehr der Zivilbevölkerung“ / Befehl der französischen Militärregierung vom 21.4.1945

Artikel wurde am 20. April 2020 veröffentlicht.