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Forschende Frauen – Gedenkveranstaltung für die verstorbene Museumskuratorin Susanne-Huber-Wintermantel (1955–2021)

Symposium am 24.09.2022 in der Brändbachhalle in Unterbränd

Anderthalb Jahre nach dem allzu frühen Tod der Bräunlinger Museumskuratorin Susanne Huber-Wintermantel im April 2021 luden die Institutionen, denen sie besonders verbunden war, Stadt Bräunlingen und Kulturförderverein, Baarverein und das Kreisarchiv zu einer Gedenkveranstaltung in die Brändbachhalle Unterbränd ein.

Vier Weggefährtinnen der Verstorbenen berichteten dabei aus ihren eigenen Forschungen und von gemeinsamen Erlebnissen und Erinnerungen.

  • In einem sehr persönlich gehaltenen Vortrag sprach Anita Auer, Leiterin des Franziskanermuseums in Villingen-Schwenningen, über die Schwierigkeiten, die Frauen, die wissenschaftliches Forschen und Familie miteinander verbinden wollen, vor 30 Jahren und auch heute noch begegne(te)n, wozu nicht zuletzt die mangelhafte oder fehlende Bezahlung gehör(t)en.
  • Sabine Heck, Oberkonservatorin am Badischen Landesmuseum Karlsruhe, befasste sich mit den Trachtendarstellungen des Malers Rudolf Gleichauf (1826–1896), der im Dienste der badischen Landesidentität auch in unserer Region nach „originalen“ Volkstrachten suchte und damit an der historischen Schnittstelle zur modernen Trachtenbewegung stand.
  • Ute Seidel, Landesamt für Denkmalpflege, stellte Verzierungen auf vorgeschichtlichen Keramikgefäßen vor, deren immer ähnliche Anordnung von Symbolen die Vermutung nahelegt, dass sie über den Schmuckcharakter hinaus für die zumeist weiblichen Töpferinnen eine tiefere Bedeutung besaßen.
  • Johanna R. Regnath vom Alemannischen Institut ging schließlich der Geschichte des Gartenbaus nach und unterstrich dabei die Erkenntnis, dass Feld- und Gartenbau bis ins 18. Jahrhundert hinein eine Angelegenheit beider Geschlechter war und erst mit der danach einsetzenden Professionalisierung zu einer Männerdomäne wurde.

So unterschiedlich alle vier Vorträge inhaltlich auch waren, unterstrichen sie doch, dass sowohl für Frauen in der Forschung als auch für Forschung über Frauen noch vieles zu tun bleibt.

Grußworte von Bürgermeister Micha Bächle, Kreisarchivar Clemens Joos und Gerrit Müller vom Baarverein sowie eine Filmvorführung von Christof Reiner würdigten das Wirken von Susanne-Huber-Wintermantel für die Stadt, das Kelnhof-Museum, den Baarverein und die ganze Region. Es gelte nun, so die Organisatorin Evelyn Mrohs-Ketterer, die „Begegnungen mit dem Herzen“ mit Susanne Huber-Wintermantel dankbar zu bewahren und, so fügte Kreisarchivar Clemens Joos an, das Vermächtnis, das sie hinterlassen hat, anzunehmen und fortzuführen, damit auf die Leerstelle, die ihre Person hinterlassen hat, nun nicht auch eine Leerstelle in der Sache folgt.

Bildunterschrift für Foto: Blicken zufrieden auf eine gelungene Veranstaltung zurück: (von links) Christof Reiner, Kulturförderverein Bräunlingen, Dr. Ute Seidel, Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Bürgermeister Micha Bächle, Dr. R. Johanna Regnath, Alemannisches Institut Freiburg, Dr. Anita Auer, Städtische Museen Villingen-Schwenningen, Brigitte Heck, Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Evelyn Mrohs-Ketterer, Baarverein, Clemens Joos, Kreisarchiv Schwarzwald-Baar-Kreis, Gerrit Müller, Baarverein.

Grußwort von Kreisarchivar Clemens Joos

Liebe Familie Wintermantel,

sehr geehrter Herr Bürgermeister Bächle,

sehr geehrter Vorstands- und Beiratsmitglieder des Baarvereins,

sehr geehrte Mitglieder des Kulturfördervereins,

meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich darf Sie im Namen des Kreisarchivs und des Schwarzwald-Baar-Kreises ebenfalls sehr herzlich hier begrüßen.

Als ich 2016 die Leitung des Kreisarchivs übernommen hatte, ist mir sehr schnell klargeworden, dass Bräunlingen und seine Museumskuratorin Susanne Huber-Wintermantel etwas ganz Besonderes waren. Sie konnte hingebungsvoll berichten von Joseph von Laßberg und den Schriften, die der Baarverein von ihm besitzt, und konnte sich dann, so geschehen bei unseren Feurstein-Vorträgen 2018, plötzlich entschuldigen, dass sie jetzt heimgehen müsse, weil es dunkel werde und die Hühner in den Stall müssten. Susanne Huber-Wintermantel war bodenständig im besten Sinne des Wortes und war gleichzeitig bemüht, diese ihre Heimat, die Residenz- und Kulturstadt Donaueschingen, ihren Wohnort Hüfingen und natürlich das altehrwürdige Bräunlingen und die umgebende Baar in allen ihren Schattierungen und historischen Nuancen mit Forschergeist zu durchdringen. Im unverwechselbaren Eschinger Dialekt, den sie gelegentlich für mich, den Freiburger, glaubte übersetzen zu müssen, war sie ebenso daheim wie im Gespräch auf Augenhöhe mit Forscherinnen aus allen Teilen dieses Landes. Von dieser besonderen Persönlichkeit profitierte die Stadt Bräunlingen mit ihrem Kelnhof-Museum, profitierte der Baarverein, profitierten wir alle ungemein. Da ist ihr Engagement für den Verein und seine Bibliothek zu nennen, wir werden gleich noch davon hören. Da sind die Konzeption des Kelnhof-Museums und die zahlreichen Sonderausstellungen dort zu nennen: Ich erinnere mich ganz besonders an die leider unpubliziert gebliebene Ausstellung „Larven und Schemen – Alte Masken der Baarstädte“ (2017), die das frühe Narrentreiben auf der Baar, was manchem Fastnachtsfunktionär gar nicht so recht sein mag, als raumtypisches und weniger ortstypisches Phänomen darstellte. Oder auch die Ausstellung über das Mühlentor (2019), die die Tätigkeit des Architekten Max Meckel streifte, dessen Wirken in unserer Region zwischen Historismus, Jugendstil und Heimatstil einmal in größerem Zusammenhang nachgegangen werden müsste. Ihr gelang es aber auch, immer wieder bedeutende Vortragende nach Bräunlingen und in das Kelnhof-Museum zu holen, ich nenne Frau Prof. Köhle-Hezinger, die heute ebenfalls hier wäre, wenn sie nicht ein anderer dringender Termin davon abhalten würde. Und an die ambitionierte Schriftenreihe und den zuletzt publizierten Tagungsband zum Stadtrechtsjubiläum, für den es Susanne Huber-Wintermantel gelungen war, namhafte Forscherinnen und Forscher aus der Landesgeschichte als Referenten und Beiträger zu gewinnen.

Im März 2017 bat mich Susanne Huber-Wintermantel, sie und eine kleine Delegation der Stadt nach Rastatt zu begleiten, wo sie im Depot des Archäologischen Landesmuseums die in Bräunlingen gefundene alamannische Glasschale für das Kelnhof-Museum entgegennehmen durfte. Diese Fahrt ist mir bis heute unvergesslich, nicht nur, weil der Bräunlinger Dienstwagen auf der Rückfahrt so gut wie jeden Blitzer zwischen Offenburg und Villingen mitgenommen hat, sondern vor allem, weil sie zu einem Triumphzug wurde, mit dem dieses Artefakt der frühen Bewohner unserer Region nach zähem Insistieren der Bräunlinger Museumskuratorin wieder nach Bräunlingen zurückkehren durfte. Was für ein Erfolg!

Susanne Huber Wintermantel war leidenschaftlich, stur, in ihrem Urteil gelegentlich auch etwas ungerecht, aber das konnte man ihr gut nachsehen, weil sie nicht aus Eitelkeit, sondern um der Sache willen kämpfte und sich positionierte. Und eine gewisse Beharrlichkeit braucht es nun einmal in unserm Metier; ohne diese Beharrlichkeit wäre die Bibliothek des Baarvereins bis heute nicht katalogisiert, und wäre die Schale noch immer im Rastatter Depot.

Was ich bis zuletzt nicht wusste, ist, wie krank Susanne Huber-Wintermantel gewesen war, und dass die tückische Krankheit sie wieder eingeholt hatte. Ich erlebte sie stets als Powerfrau, sprühend voll Eifer für die Sache, von Krankheit keine Spur. Ich habe mich im Nachhinein deshalb häufiger gefragt, wie das erst gewesen sein muss, als sie noch im Vollbesitz ihrer Kräfte war; aber vielleicht war es auch so, dass sie für Kultur und Geschichte, für ihre große Leidenschaft, bis zuletzt immer wieder alle vorhandenen Kräfte bündelte. Die Nachricht von ihrem Tod im vergangenen Jahr hat mich deshalb sehr betroffen gemacht. Der Baarverein, die Stadt Bräunlingen und die ganze Region haben damit einen immensen Verlust hinnehmen müssen.

Heute, anderthalb Jahre nach ihrem Tod, sollten wir dankbar das Vermächtnis annehmen, das uns Susanne Huber-Wintermantel hinterlassen hat: Ihre Hochschätzung des Baarvereins und seiner Bibliothek, das von ihr konzipierte Kelnhof-Museum samt der von ihr entwickelten Veranstaltungsformate, die das Museum nicht nur zu einer Präsentation bedeutender Exponate, sondern zu einem wirklichen Kulturzentrum in Bräunlingen werden ließ, und ihr gelebter Einsatz dafür, historische Forschung auch fernab der großen Zentren, wenn es sein muss: zwischen Hühnerstall und Arbeitsplatz, stattfinden zu lassen. Es ist den Überlebenden aufgetragen, diese Vermächtnisse anzunehmen und fortzuführen, um der Leerstelle, die die Persönlichkeit hinterlässt, nicht auch Leerstellen in der Sache folgen zu lassen. Und wir sollten vor allem auch dankbar an die persönlichen Begegnungen mit ihr zurückdenken.

Es war für mich aber auch vollkommen klar, dass wir die Person und das Wirken von Susanne Huber-Wintermantel auch noch einmal mit einer eigenen Veranstaltung würdigen müssen. Und so, wie das nun Gestalt angenommen hat, mit Vorträgen von Weggefährtinnen, wäre das auch sicherlich in ihrem Sinne gewesen. Ich danke daher allen Referentinnen, dass sie der Bitte um einen Beitrag gefolgt sind und den Weg, auf die herbstlich schöne, aber auch schon etwas kalte Baar auf sich genommen haben. Und ich danke ganz besonders herzlich der Geschäftsführerin des Baarvereins, Evelyn Mrohs-Ketterer, in deren Händen vor allem die Vorbereitung dieser Veranstaltung gelegen hat, weil ich in den vergangenen Monaten vor allem mit dem Archivumzug beschäftigt war. Ich wünsche uns allen eine lehrreiche Tagung und interessante Begegnungen. Vielen Dank!

 

Bildunterschrift: Kreisarchivar Clemens Joos bei seinem Grußwort vor rund 40 Gästen beim Symposium „Forschende Frauen – in Gedenken an Susanne Huber-Wintermantel“

Artikel wurde am 30. September 2022 veröffentlicht.