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Kunst erzählt Geschichten
Als einen guten Kontrast zu den historischen Abteilungen im Kelnhof-Museum bezeichnete Kulturrespizientin Ursula Gehringer bei der Vernissage der Ausstellung „Grenzenlose Pfade“ die Bilder und Werke von Arina Trunova im Kelnhof-Museum. Sie freute sich darüber, dass viele Kunstwerke innerhalb der Länderreise der Malerin und Graveurin gezeigt werden. Mit „Grenzenlose Pfade“ möchte Arina Trunova den Besuchern nicht nur ihre Kunst, sondern auch ihr persönliches Universum näherbringen.
Die Malerin und Holzgraveurin ist in St. Petersburg geboren, heute in Öfingen und Paris beheimatet. Ihr Weg spiegelt eine leidenschaftliche Hingabe an Kunst und Kreativität wider. Geprägt durch ihr Leben in drei verschiedenen Ländern fließen ihre Erfahrungen, Begegnungen und Reflexionen über Identität, Freiheit und den individuellen Lebensweg in ihre Kunst ein.
Holz als Medium verleiht ihren Werken eine besondere Tiefe. Das Material ist beständig und lebendig, eine Oberfläche, auf der Erinnerungen und Emotionen eingraviert werden. Als Malerin und Graveurin verbindet sie in ihrer Arbeit die Kraft des Materials mit der Zerbrechlichkeit der Geschichten, die sie erzählt. Durch vier Werkserien – „Voyageuse“ (Reisende), „Divague“ (Auf den Wellen schwanken), „Folklore“ (Folkore) und „Forêt-Noire“ (Schwarzwald), erforscht die Ausstellung Themen wie innere Reisen, interkulturelle Begegnungen und die Suche nach Bedeutung. Ihre Werke sind mehr als nur reine Darstellungen. Sie sind Brücken zwischen verschiedenen Welten, die Geschichten erzählen und den Betrachter einladen, eigene Emotionen und Erinnerungen einzubringen.
„Ich freue mich sehr in Bräunlingen zu sein und eine Ausstellung mit meinen Bildern und Kunstwerken zeigen zu können“ sagte Arina Trunova bei der Vernissage im Kelnhof-Museum. Kurz ging sie auf die Schwerpunktbereiche ihrer ausgestellten Arbeiten und auch ihre familiäre Situation ein. Sie erläuterte wie sie auf Baustellenhölzer als Kunstobjekt kam und in unterschiedlichen Formen verwendet. Weiterentwicklungen mit dem Holz steigerten ihre künstlerischen Möglichkeiten für ihre Ausstellungsstücke. Bilder könne man nicht nur gut auf einer Leinwand malen, sondern auch auf gut präpariertem Holz, bekräftige sie.
Die Gemäldeserie Schwarzwald erzählt den persönlichen Werdegang von Arina Trunova zwischen Schwarzwald und russischer Landschaft. Eine Reise zwischen Russland, Frankreich und Deutschland, die sich in jedem Pinselstrich widerspiegelt. Deutschland, ihr drittes Gastland, markiert einen Wendepunkt in ihrem Leben. Im Herzen des Schwarzwaldes findet sie nach Jahren den Weg zurück zur Malerei. Alles begann mit einigen Holzplatten, die nach der Renovierung ihres Hauses übrig geblieben waren. Indem sie diese in dekorative Werke für ihr Zuhause verwandelte, fand Arina eine Verbindung zu ihrer Kindheit in Sankt Petersburg, zu ihren ersten Kunstkursen und vor allem zu den Sommern auf dem Land bei ihren Großeltern. Fasziniert sah sie dort den Handwerkern zu, die Holz schnitzten. Die Landschaften sind bevölkert von majestätischen Tannen, sanftem Nebel und märchenhaften Kreaturen. Die „Schwarzwald-Maries“, die aus einem Originalauftrag hervorgehen, bereichern das Universum dieser Serie, in der Fantasie mit Erinnerung verschmilzt.
Mit Folklore kehrt Arina Trunova nicht nur zu ihren Ursprüngen zurück, sondern sie schöpft aus ihnen eine Kraft, die sie wachsen lässt. Diese Serie ist eine intime Auseinandersetzung mit ihren slawischen Wurzeln, genährt von Geschichte und Liebe, in der das Alte zum Sprungbrett für das Neue wird. Inspiriert vom Chochloma, einem traditionellen russischen Kunsthandwerk aus dem 17. Jahrhundert, das an den Ufern der Wolga entstand, interpretiert Arina dessen goldene Blumenmuster, leuchtenden Beeren und elegante Ornamente neu. Doch hier geht es nicht um Geschirr oder Möbel – diese Motive erwachen auf Holzplatten in gemalter Form zum Leben. Dem ursprünglichen Material treu, bricht sie dennoch mit dessen Konventionen und schafft so ein entschieden zeitgenössisches Kunstobjekt.
Bunt und minimalistisch, feminin und intensiv französisch, ist die Serie „Reisende“, eine Ode an die Wanderungen – sowohl physisch als auch innerlich – von Arina Trunova. Jedes Gemälde ist ein Zwischenstopp, ein Moment der Stille, oft inspiriert von ihren Reisen in Frankreich, wo die Landschaft die Windungen einer inneren Welt widerspiegelt. Die Protagonistin dieser Serie – die Reisende – schreitet barfuß oder anmutig beschuht voran und lädt den Betrachter ein, mit ihr zu gehen. Ob sie dem Flüstern der Wellen lauscht, bis zum Morgengrauen tanzt oder sich von einem existenziellen Gedanken am Ufer der Seine überwältigen lässt, erzählt sie uns bei jeder Gelegenheit eine Geschichte. Der Titel jedes Werkes fungiert dabei als Rätsel, ein Schlüssel, um in ihre Erzählung einzutreten. Trotz eines Hauchs von Melancholie ist „Reisende“ von einer entschieden leuchtenden Energie durchzogen. Die lebendige Farbpalette, die klaren Formen und die zärtlichen Kompositionen zeugen von einer ruhigen Kraft: der einer Frau, die nichts zerbricht. Neigt man den Kopf, entdeckt man ihr geheimes Motto, eingraviert wie ein wohlwollender Zauberspruch: „Das Unmögliche ist nicht verrückt genug für mich.“
Zwischen visueller Poesie und Ironie ist Divague eine Serie, die mit Formen, Materialien und Ideen spielt. Das Meer ist dabei sowohl Thema als auch Hauptdarsteller, die Wellen bildlich dargestellt und zur selben Zeit mit einer tiefen symbolischen Bedeutung. Sie verwandeln sich und gleiten über die Gemälde. Doch was hinter dem Schaum der Wellen sichtbar wird, ist vor allem eine Erinnerung eines kleinen russischen Mädchens, fasziniert von den Holzhandwerkerinnen ihres Dorfes. Arina Trunova erinnert sich an die geduldigen Bewegungen, die Präzision der Linien, an das Holz, das sich langsam unter den geschickten Händen formte. Diese Tradition, tief verwurzelt in der slawischen Volkskunst, prägte ihre künstlerische Sensibilität.
Die Ausstellung „Grenzenlose Pfade“ ist bis zum 7. September an jedem ersten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr zu sehen.
Artikel wurde am 16. Juni 2025 veröffentlicht.